Walking-In-Your-Shoes...
...ist eine phänomenologische Selbsterfahrungsmethode, mit der du dich selbst, dein Leben, dein Anliegen, andere Personen und Dinge besser verstehen kannst. Durch das detaillierte Hineinschauen in bestimmte Rollen oder Personen, bekommst du tief greifende Antworten und Lösungen für deine privaten oder beruflichen Anliegen. Das Verständnis kommt aus der gegangenen Rolle selbst, indem sie berichtet, was sie auf ihrer "Abenteuerreise" erlebt und entdeckt.
Du bittest eine Person...
...für dich eine bestimmte Rolle zu gehen. Diese Person, die/der Walker*in, lässt sich für diese Rolle in den Dienst nehmen und bewegt sich körperlich, z. B. durch Gehen, ca. 15-25 min ganz intuitiv und spontan im Raum. Die/der Walker*in begibt sich stellvertretend auf eine "Entdeckungsreise" durch die Rolle, welche durch die Leiterin/den Leiter begleitet wird. Die Bewegung erzeugt Energie und die Energie erzeugt Information. Diese Information hilft den Ratsuchenden ein detailliertes Verständnis auf einer tieferen Ebene zu finden. Langjährige Erfahrungen zeigen, dass die Rolle, die gegangen wird, eine erstaunliche Übereinstimmung mit der Wirklichkeit hat, welche in der Tiefe wirkt.
Für deinen Walk ist...
...eine Rolle sinnvoll, von welcher du annimmst, dass sie Antworten auf Fragen für dein Verständnis, dein Wachstum und dein Fortkommen liefert. Beispielsweise könnte das sein: du selbst, dein Partner, dein Kind, eine Person mit der es Konflikte gibt, dein blinder Fleck, deine berufliche Zukunft, deine Berufung, dein unentdecktes Potential, dein Symptom, dein Glück, dein Erfolg, dein inneres Kind, deine Seele, deine Entscheidung. Möglich sind auch Themen aus deinem Umfeld, beispielsweise dein Haustier, dein Haus, deine Firma, dein Projekt, usw.
Bericht von Christian Assel
Walking-In-Your-Shoes ermöglicht auf besondere Weise das Verständnis für Personen, Tiere und Elemente
unserer Welt. Dieses Verständnis ist immer dann von Nöten, wenn sich Konflikte, Schwierigkeiten oder Hürden aufgetan haben, die ein Handeln auf einer inneren Ebene erforderlich machen. Falls du
z.B. eine bestimmte Person auf tiefe Weise verstehen lernst, ebenso die Beweggründe für ihr Handeln, ihre An- und Absichten, ihr Innerstes, ihre Seele, dann fällt es dir leicht, diese zu achten
und sie anzuerkennen. Du kannst sie genau so nehmen, wie sie ist, was eine gute Beziehung zwischen euch fördert, mit mehr Kraft und mehr Möglichkeiten für beide.
Mit "Walken" ist buchstäblich „Gehen“ gemeint. Der/die Ratsuchende bestimmt jemanden aus der Gruppe, der als Stellvertreter für sie/ihn eine bestimmte Rolle geht. Dieser Stellvertreter, wir
nennen ihn "Walker", bewegt sich im Raum, und zwar ganz nach dem inneren Impuls. Durch den Prozess der körperlichen Bewegung kommt die gehende Person in die tatsächliche Rolle hinein, von der sie
durch die dynamische Bewegung mehr und mehr spürt. Der Stellvertreter "geht" also in die Rolle, und der Walk wird so zu einer kleinen Erlebnisreise. Der/die Walker*in wird selbst zur Rolle und
kann aus der Tiefe in einer detaillierten Weise berichten. Unbekannte und bislang unsichtbare Wirklichkeiten werden auf diese Weise sichtbar und erkennbar.
Entwickelt wurde diese Methode von dem Psychotherapeuten John Cogswell und dem Schauspieler Joseph Culp. John suchte nach einer Möglichkeit, seinen Klienten besser zu helfen, indem er sie walken
ließ oder selbst für sie ging. Dadurch konnte er umfassender beraten. Joseph suchte nach einer Möglichkeit, tiefer in die jeweilige Film- oder Theater Rolle hineinzufinden, denn zwischen dem
Schauspieler und der Rolle wird eine erstaunliche Nähe erreicht. Im Experimentieren mit dieser Methode sah Joseph bald, dass auch Rollen aus dem "richtigen" Leben gegangen werden können, was die
bisherigen Grenzen der Schauspielerei sprengte. Daraus entwickelte sich Walking-In-Your-Shoes, wie wir es heute kennen.
Auf der phänomenologischen Ebene von Walking-In-Your-Shoes, die vielleicht auch die "seelische" Ebene genannt werden kann, zeigt sich das Anliegen der/des Ratsuchenden auf eine besonders echte
Weise. Sie/er kann erkennen, wie das Anliegen empfindet, sich in der Welt sieht, was es hat, was es braucht, die Leichtigkeit, die Schwierigkeit, dessen Impulse und Blockaden. Wenn die/der
Ratsuchende das Anliegen besser versteht, kann sie/er ein Mitgefühl dafür entwickeln und sich tiefer im ganzen darauf einlassen. Dadurch fällt es leichter, dem Anliegen mit Verständnis und Liebe
zu begegnen und entsprechend zu handeln. Das dient dem Leben und fördert das Miteinander. Wir können daran wachsen, weil wir entdecken, wie andere zu uns, und wie auch wir zu ihnen stehen. Je
mehr Walking-Rollen gegangen werden, desto mehr Antworten auf Fragen bekommen wir. Wir nähern uns dem an, was uns von außen entgegentritt, und kommen gerade so zu uns selbst.
Welche Rollen sind geeignet?
Solange ein echtes Anliegen einer/eines Ratsuchenden vorhanden ist, gibt es kaum etwas, das nicht für eine Rolle bestimmt werden könnte. Grenzen sind meines Erachtens dort, wo eine Rolle
außerhalb des eigenen Erfahrungshorizonts liegt und nicht mehr von direkter Bedeutung ist, zum Beispiel bei Neugierde. Dann kommen wir in den Bereich der Beliebigkeit, und müssen uns fragen, ob
diese Methode noch sinnvoll und verantwortlich genutzt wird, bzw. ob die vorhandene Zeit nicht besser für einen anderen Walk genommen werden kann. Es kommt für mich als Leiter ebenfalls nicht in
Frage, ein Anliegen zu bearbeiten, das andere Ziele oder Absichten verfolgt, als das glückliche Leben und das Wohl der/des persönlich Anwesenden. Eine Ausnahme für Nichtanwesenheit, wäre nur der
ausdrückliche Auftrag einer/eines Ratsuchenden. Einmal war das der Fall, als jemand mit mir arbeiten wollte, der im Gefängnis saß und nicht selbst anwesend sein konnte.
Dennoch gibt es scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten und Richtungen, in die ein Walk gehen kann. Für die richtige Auswahl kann sich der Ratsuchende am besten folgende Fragen stellen: "Welche Rolle
könnte mir Antworten auf meine wichtigste Frage geben. Welche Rolle könnte mir in meiner jetzigen Situation, in meiner jetzigen Lebensphase am meisten weiterhelfen? Welches Verständnis bringt
mich voran?"
Auch ein Lebens-Partner kann gegangen werden, denn er spielt eine wichtige Rolle. Es kann auch eine problematische Person aus dem Lebensumfeld ausgewählt werden: Ein Arbeitskollege vielleicht,
oder ein Nachbar, etc. Dies hilft, die Person neu zu begreifen, denn problematisch ist sie nur dann, wenn sie nicht verstanden wird. Eine Einsicht ist ein Schlüssel zu einem neuen Verhalten – und
zu sich selbst.
Auch ein Tier kann gegangen werden. Dies ist ein besonders fruchtbarer Bereich, der noch viel unentdecktes Potential enthält. Tiere haben einen intensiven Anteil am Leben des Menschen. Sie
besitzen ein Gespür für feine Strömungen und Störungen und können emotionale und geistige Gegebenheiten, sowie Veränderungen wahrnehmen. Wenn das Leben des Tieres oder die Beziehung zu dem Tier
besser verstanden werden soll, dann hat ein Walk einen doppelten Effekt, und zwar für Tier UND Mensch. Dem Tier kann oft nur geholfen werden, wenn auch dem Menschen geholfen wird. Da Tiere sehr
häufig Probleme und Lasten des Menschen übernehmen, die Menschen das aber oft erst spät bemerken, braucht es häufig die Einsicht in etwas Wesentliches aus dem menschlichen Bereich, um das Tier zu
entlasten. Wenn wir erkennen auf was das Tier schaut, ist das ein wichtiger Hinweis darauf, was der Mensch übersehen hat. Wenn der Mensch das Problem löst, befreit es auch das Tier.
Es kann auch ein bestimmter Anteil einer Person gegangen werden, z.B. das innere Kind, oder den "blinden Fleck" (es gibt bestimmt einen...), eine Krankheit, bzw. ein Symptom, das „größte Talent“
oder einen „unterentwickelten Bereich“. Es kann die Berufung gegangen werden, die Sucht, die Zukunft, die Selbstachtung... usw. In jedem Falle gilt für mich der Satz: Es kann nie genug
Verständnis geben!
Der Ablauf von Walking-In-Your-Shoes
Es beginnt damit, dass die Rolle des "Gehenden" bestimmt wird. Die richtige Auswahl ist nicht immer sofort eindeutig, weshalb wir manchmal die Situation und das Anliegen besprechen. Dann wird
jemand aus der Runde ausgewählt, der diese Rolle für die/den Anliegensteller*in "gehen" soll. Obwohl sie/er auch selbst walken kann, empfiehlt sich das nur für erfahrene Walker*innen. Der/Die
Stellvertreter*in macht sich dann bereit, indem sie/er alles andere vergisst. Die Person lässt sich für den nun anschließenden Prozess in den Dienst nehmen und spürt, was auch immer jetzt gleich
kommen mag, ohne Bewertung und ohne Interpretation. Sie wiederholt und benennt noch einmal die eigene Rolle laut, so dass es alle hören können. "Ich bin jetzt [Name der Rolle]".
Dann beginnt der Walk mit dem ersten Schritt, das heißt, sie/er beginnt sich im Raum zu bewegen, ganz nach dem inneren Gefühl. Alles Weitere zeigt und ergibt sich dann aus dem, was die/der
Gehende äußerlich und innerlich aus der Rolle wahrnimmt. Es gibt keine Vorgaben, und alles kann passieren. Das Vorgehen ist deshalb interessant, weil das, was sich in dem Walk zeigt, sehr viel
mit dem Anliegen zu tun hat. Die Präzision ist immer wieder erstaunlich mit der die hervortretenden Informationen der Wirklichkeit entsprechen, und wie manche Teilnehmer geradezu verblüfft sind,
obwohl die/der Walker*in keinerlei (bekannte) Informationen über die Rolle hat.
Wenn die/der Gehende sich nach dem ersten Schritt zunächst noch orientieren und in der Rolle zurechtfinden muss, ist es sinnvoll, zunächst einfach in Kreisbahnen zu beginnen, bis der Kontakt zu
der jeweiligen Rolle stärker geworden ist und deutlich wird, wo es "lang" geht. Jede andere Bewegung kann aber auch möglich sein, und es ist gut, als Leiter*in keine Vorgaben zu machen. Manche
Rollen haben sich dadurch ausgezeichnet, dass nicht einmal der erste Schritt gegangen werden konnte. Wenn der Walk von Stagnation oder Schwere bestimmt wird, dann ist dieses ein wichtiger
Hinweis, und es wäre sinnlos, ein Gehen zu erzwingen. Ein anderer Walk wiederum, kann im Gegensatz dazu von Leichtigkeit und Kraft bestimmt sein, und die Bewegung und die Informationen "sprudeln"
nur so heraus. Ich kann als Leiter nach den ersten Schritten darauf schauen, in welcher Art die Person sich bewegt, bzw. was auffällig oder charakteristisch ist. Macht sie große Schritte oder
kleine, geht sie schnell oder langsam, gibt es einen Rhythmus oder ein Muster, geht sie energisch oder schwach, wo schaut sie hin, wo nicht. Wie nehme ich, und wie nimmt sie den Walk wahr. Was
ereignet sich vor meinen Augen. Was passiert WIRKLICH?
Durch das Gehen kommt der Körper in Bewegung, vielleicht in einen Takt oder einen Rhythmus, und es wird Energie erzeugt. Durch die Energie der Bewegung werden auch Bilder, Emotionen und Eindrücke
freigesetzt, die mit dem, was hinter der Rolle steht, sehr viel zu tun haben. Und genau das wollen wir finden. Während die/der Gehende sich in der Rolle bewegt und die Wahrnehmung vertieft, frage
ich als Leiter, was genau wahrgenommen wird, ob Bilder oder Empfindungen da sind, und was gerade das Besondere an diesem Prozess ist. Durch das Beobachten und Fragen versuche ich mir ein Bild zu
machen und die wichtigen Details herauszuarbeiten, um sie für die/den Teilnehmer*in und der Gruppe darzulegen. Es ist dabei sehr wichtig, bei der Wahrnehmung der Rolle nicht zu interpretieren,
sondern eng am Geschehen zu bleiben. Ich gehe nicht in die Phantasie, sondern bleibe mit meinen Gedanken und Bildern nah am Wahrnehmbaren. Wichtig ist, dass ich auf das Wesentliche des Walks
schaue; allein darin liegt der Sinn dieses Prozesses, und die Auswahl der Fragen an die/den Gehende*n richtet sich nur danach aus.
Ein Walk ist eine Momentaufnahme. Was ans Licht kommt, hat in dem konkreten Moment eine Gültigkeit. Diese Gültigkeit kann sich über eine sehr lange Zeit erstrecken, jedoch genauso auch, durch
veränderte Situationen in dem Leben und in der Welt des Ratsuchenden, sich rasch verändern. Für alle Zeit zutreffende Erkenntnisse werden wir kaum finden. Das würde der ständigen Wandlung und dem
Wachstum aller Dinge widersprechen. Auch machen wir keine Wahrsagerei und nehmen keine Wahrheit in Anspruch. Wenn überhaupt etwas wahr ist, dann die Tatsache, dass sich durch den Walk etwas für
das Leben oder Wohlergehen des Teilnehmers ändern kann.
Am Ende des Prozesses, wenn sich etwas Wesentliches gezeigt hat, ist es ratsam, die/den "Gehende*n" wieder aus der Rolle zu entlassen. Das gelingt gut, wenn die Teilnehmer sich bei ihrer/ihrem
Walker*in bedanken und ihn wieder beim richtigen Vornamen nennen. "Danke für deinen Dienst. Du bist jetzt wieder... [Name]".